Die europäische Antwort auf die Corona-Pandemie und die besondere Belastung von Frauen und Familien stand im Mittelpunkt einer Videokonferenz der SPD Berchtesgadener Land mit der Europaabgeordneten Maria Noichl. Der SPD-Kreisverband hat sich für 2021 das Ziel gesetzt, einen regelmäßigen Austausch mit allen politischen Ebenen über für den Landkreis wichtige Themen zu organisieren. Auf Einladung der stellvertretenden SPD-Kreisvorsitzenden Susanne Aigner berichtete die Rosenheimerin Maria Noichl, die seit 2014 dem Europäischen Parlament angehört über ihre Arbeit.
Selbstverständlich nimmt dabei die Auseinandersetzung mit der Impfstrategie der Europäischen Union einen wichtigen Platz ein. Maria Noichl stellte sich eindeutig hinter die Entscheidung, die Besorgung des Impfstoffs auf europäische Ebene zu organisieren. „Die Bestellung hätte früher, in großzügigen Mengen und mit besserer Transparenz über die verhandelten Verträge erfolgen müssen“, stellte sie fest. „Es war aber auf alle Fälle richtig, die Beschaffung gemeinsam zu organisieren und keinen Impfnationalismus aufkommen zu lassen. Wir werden in Europa nur gemeinsam aus dieser Krise kommen“. Es komme jetzt darauf an, Impfstoff in der EU im großen Stil zu produzieren und dabei auch die Unterstützung afrikanischer Länder einzuplanen, um die globale Pandemie auch weltweit zu bekämpfen.
Die Abgeordnete erinnerte daran, dass es bereits vor der Corona-Pandemie Überlegungen gab, der Europäischen Union im Bereich Gesundheit wesentlich stärkere Kompetenzen einzuräumen. Dies sei an dem Widerstand von mehreren Mitgliedsstaaten, zu denen auch Deutschland zählte gescheitert.
Susanne Aigner sprach insbesondere die Situation von Frauen und Familien in Corona-Zeiten an, die durch den Ausfall von Schule und Betreuungsangeboten eine große Last zu schultern haben. Maria Noichl erinnerte an den jahrzehntelangen Kampf von Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten für ganztägige Betreuungsangebote und stellte fest: „Ohne diesen Einsatz wäre die aktuelle Situation, in der Familien mit zwei berufstätigen Eltern und Alleinerziehende massiv belastet sind, schlicht und einfach der Normalfall“. Die beiden Politikerinnen waren sich einig, dass die Öffnung von Schulen und Kindertagesstätten bei der Öffnungsstrategie in Bayern oberste Priorität haben sollte.
Im Anschluss erörterte die Europaabgeordnete ein aktuelles Beispiel für die direkten Auswirkungen der „großen Politik“ auf die Situation vor Ort. In der 2014 in Kraft getretenen „Istanbul-Konvention“ haben sich die Mitgliedsstaaten des Europarats in einem völkerrechtlichen Vertrag zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt verpflichtet – ein Thema, dass zurecht in den letzten Monaten wieder in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt ist. Auch aufgrund dieser Konvention stellt der Bund derzeit erhebliche Investitionsmittel für den Aufbau von Frauenhäusern zur Verfügung. Die Stadt- und Kreisrätin Susanne Aigner erinnerte an die langjährige Forderung der SPD nach einem solchen Angebot in der Region und die kürzlich im Kreisausschuss dazu geführte Diskussion. „Wir sollten auf alle Fälle in enger Abstimmung mit den Sozialverbänden im Landkreis die Chance einer solchen Förderung für das Berchtesgadener Land nutzen“, war sie sich mit Maria Noichl einig.
„Es gibt in Europa Kräfte, die Corona dazu nutzen wollen, die Uhr auch bei den Rechten von Frauen und Kindern zurückzudrehen. Als Sozialdemokraten im Europaparlament werden wir alles tun, damit wir statt mit den alten Ungerechtigkeiten mit neuen Chancen für alle Menschen in Europa aus dieser Krise hervorgehen“, versprach Maria Noichl zum Abschluss der Videokonferenz.